Der Friede, der alles übersteigt
Wie kann die Gemeinde in der Adventszeit ein Ort des Friedens für Menschen sein, die innerlich unruhig sind?
So antwortet Thies Hagge:
Ich bin Pastor der evangelischen Friedenskirche im Hamburger Stadtteil Jenfeld. Den Namen unserer Kirche habe ich mir früher so erklärt, dass in ihrem Erbauungsjahr 1958 die Schrecken des Zweiten Weltkrieges noch sehr präsent waren und so der Name der Kirche die Sehnsucht der Menschen nach einem stabilen militärischen Frieden ausdrückte.
Seit der sogenannten Flüchtlingswelle ab 2015 ist für mich aber noch eine andere, existentiellere Bedeutung des Namens hinzugekommen. Viele geflüchtete ehemalige Moslems beschreiben bis heute die Erfahrung ihrer Bekehrung zum christlichen Glauben vor allem anderen als Erleben von Frieden.
Auch bei den Gerichtsprozessen, in denen sie vor dem Verwaltungsgericht auf Anerkennung ihres Asylantrages klagen und bei denen ich oft als Zeuge der erfolgten Konversion eingeladen bin, benutzen sie häufig dieses Wort. Ein Richter fragte mich sogar einmal, ob das daher käme, dass sie in der FRIEDENskirche zum Glauben gekommen seien. Ich habe ihm dann gesagt, dass das Wort durchaus häufig im Neuen Testament vorkomme (ca. 92 mal). Und ich habe ihm erklärt, dass im Islam der Gläubige bis zu seinem Tod nie die Sicherheit habe, ob er gemäß dem Urteil Allahs ins Paradies oder in die Hölle komme. Ein Moslem befindet sich also in ständiger Angst vor seinem endgültigen Urteil und in einem tiefen Unfrieden bei dem Gedanken an seinen Tod. Der Glaube an Jesus aber gibt ihm Frieden, die Gewissheit des Heils und des ewigen Lebens. Der Kampf mit Gott ist zu Ende und ein tiefer Friede tritt an seine Stelle. Oft beschreiben die Konvertiten zudem eine besondere Atmosphäre des Friedens, wenn sie inmitten ihres täglichen Überlebenskampfes unsere Friedenskirche betreten.
Uns Alt-Christen fehlt oft diese unmittelbare Erfahrung. Aber auch uns ist der übernatürliche Friede Gottes geschenkt: „Nachdem wir durch den Glauben von unserer Schuld freigesprochen sind, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.“ (Römer 5,1).
Nutzen wir doch diese adventliche Zeit, um im Gebet den Frieden mit Gott neu zu meditieren und seine umfassende Bedeutung für Körper, Seele und Geist sowie alle Beziehungen, in denen wir leben, noch tiefer zu verstehen.